Münchner Zentrum für antike Welten
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Martin Stahl

Doctoral Fellow: April 2013 - März 2016
Focus Area: Organisation of Coexistence

Dissertationsprojekt

Das Mönchtum in den ländlichen Räumen des spätantiken Syrien und Mesopotamien

Verschiedene Verfasser hagiographischer Quellen aus der Zeit zwischen dem 4. und 6. Jh. (z.B. Theodoret von Kyrrhos / Johannes von Ephesos) berichten uns ausführlich über Mönche und Klosteranlagen in den nur wenig oder gar nicht urbanisierten Räumen des spätantiken Syrien und Mesopotamien. Dank einzelner archäologischer Surveys, so geschehen z.B. im nordsyrischen Kalksteinmassiv unweit der antiken Metropole Antiochia, konnte die Existenz solcher Anlagen jedoch auch archäologisch nachgewiesen werden. Diesem Umstand wurde allerdings von der Forschung bislang noch nicht zur Genüge Rechnung getragen, da sich die meisten bisher erschienenen Untersuchungen zur Geschichte des syrischen Mönchtums allenfalls mit der Bedeutung des Mönchtums für das Leben in den Städten (z.B. Mönche als Konfliktteilnehmer / Armen bzw. Krankenfürsorge) auseinandergesetzt haben. Abgesehen von den Arbeiten Peter Browns, die v.a. die Funktion der Mönche („holy men“) als Mediatoren und Patrone im Leben der Landbevölkerung behandelt haben, wissen wir daher noch recht wenig über die Rolle des Mönchtums innerhalb der ländlichen Welt des spätantiken Syrien und Mesopotamien.
Diesen Mangel möchte ich in meinem Dissertationsprojekt beheben, indem hier zum ersten Mal eine umfassende sozioökonomische Untersuchung des syrischen Mönchtums, wie man sie etwa bereits im Fall des ägyptischen Mönchtums kennt, durchgeführt werden soll. Ziel des Projekts ist es dabei nicht nur danach zu fragen, welche Relevanz dem Mönchtum für die Verbreitung und Festigung des Christentums in den ländlichen Räumen zugekommen ist (eine Bischof Rabbula von Edessa zugeschriebene Mönchsregel berichtet beispielsweise von den klerikalen Funktionen, die einzelne Mönche gegenüber den Dörfern in der Nachbarschaft ihrer Klöster ausgeübt haben); vielmehr soll darüber hinaus speziell der Stellenwert der Klöster und Mönche innerhalb der ländlichen Wirtschafts- bzw. Gesellschaftsordnung (wie haben sich die Klöster finanziert (Landwirtschaft / Almosen)? / welche Kontakte bestanden zur Landbevölkerung?) analysiert werden. Hierzu werden u.a. auch die Auswirkungen aus den christologischen Streitigkeiten, von denen Syrien im 4. und 5. Jahrhundert ergriffen wurde, zu berücksichtigen sein, da abseits der Städte gelegene Klöster vielerorts den wichtigsten Rückhalt des miaphysitischen Klerus gebildet haben.
Neben den bereits oben erwähnten archäologischen Quellen stehen dem Projekt hierzu in der Hauptsache literarische Quellen (Hagiographie, Kirchengeschichtsschreibung, diverse Briefkorpora, Mönchsregeln etc.) zur Verfügung. Von diesen wurden durch die althistorische Forschung bislang jedoch zumeist lediglich die in griechischer Sprache verfassten Quellen umfassend analysiert, während das in wesentlich größerer Zahl vorhandene syrische Quellenmaterial deutlich weniger Beachtung erfahren hat. Diesen Mangel zu beheben stellt daher ein weiteres zentrales Anliegen meines Dissertationsvorhabens dar. Schlussendlich hoffe ich auf diese Weise mithilfe meines Projekts zu einem besseren Verständnis der Wirtschafts- bzw. Sozialgeschichte der ländlichen Räume im spätantiken Syrien und Mesopotamien beizutragen.