Münchner Zentrum für antike Welten
RSS Facebook-Page

Eine Übersetzung dieser Seite steht leider nicht zur Verfügung.

Evangelische Theologie (Altes Testament)

Der Gott Hiobs. Studien zur persönlichen Gottesbeziehung im Hiobbuch vor dem Hintergrund der Gebetsdynamik der Psalmen

Förderungsbeginn: April 2015
 
Das biblische Hiobbuch thematisiert wie einige altorientalische Paralleltexte mit der Frage nach dem Leiden kein genuin israelitisches, sondern ein gemeinorientalisches, internationales Problem, welches bereits in der weisheitlichen Tradition des Alten Orients erkannt und in vielerlei Hinsicht bedacht wurde. Es behandelt grundsätzlich-existentielle Fragen der conditio humana und unternimmt einen Antwortversuch innerhalb des Kontexts des JHWH-Glaubens und vor dem Hintergrund einer – aus (religions-)historischer Beschreibungsperspektive so bezeichneten – persönlichen JHWH-Relation des Einzelnen. Die Gottesbeziehung des als Paradigma und nicht als biographisch fassbare Einzelgestalt erscheinenden Protagonisten Hiob durchläuft im Verlauf des gesamten Buches einen dramatischen Progress. Dieser führt von dem Wunsch zu sterben, damit seine Gottesbeziehung aufhört (Hi 3,11-19), über die schärfste Anklage Gottes im Alten Testament (Hi 9,24) zu dem Wunsch, diesen Gott zu schauen (Hi 19,25-27). Zur ersehnten Gottesschau kommt es in den Gottesreden (Hi 38,1-42,6), in denen Hiob am Ende erklärt, dass er auf Staub und Asche getröstet ist (Hi 42,6), obgleich sich an seiner äußeren Situation nichts geändert hat. Im Verlauf des Hiobbuches zeigen sich folglich unterschiedliche Aspekte der Gottesbeziehung wie bspw. Verborgenheit (Hi 23,8f) und Präsenz Gottes (Hi 38,1-42,6) sowie Verstecken vor Gott (Hi 3,11-19) und Sehnsucht nach Gott (Hi 19,25-27).
Da sich die Erzählfigur Hiob in ihren Klagen und Anklagen der Sprache der Psalmen – freilich auch modifiziert und auf wenig eindeutige Weise – bedient, habe ich im Rahmen meiner Examensarbeit (Thema: Die Hoffnung Gott zu schauen in Hi 19,25-27 und in ausgewählten Psalmen) einen Vergleich zwischen dem Hiobbuch und einzelnen Psalmen durchgeführt sowie bereits manche altorientalische Motivparallelen untersucht. Für die Fragestellung meiner Abschlussarbeit erwies sich die Analyse der Psalmen, genauer der Gebetsdynamik der Individualpsalmen wie bspw. der Klage- und Danklieder des Einzelnen, als ein Schlüssel. Deshalb gehe ich davon aus, dass das Klage- und Erhörungsparadigma und die persönliche Gottesbeziehung in den Psalmen eine Voraussetzung für die große Abhandlung des Hiobbuches über die persönliche Gottesrelation in ihrer spannungsvollen Ambivalenz, auch angesichts von Erfahrungen wie Verborgenheit Gottes und Leid, darstellen.
Auf diese These und auf meine Examensarbeit aufbauend lautet das Ziel des Dissertationsvorhabens, den paradigmatischen Problemträger Hiob vor dem Hintergrund der Individualpsalmen sowie im Licht des Alten Orients, seiner Gebetstexte und Hymnen mittels einer Rekonstruktion der Sinnmöglichkeiten der relevanten biblischen und außerbiblischen Texte in seiner Gottesbeziehung zu verstehen und somit an eine Forschungslücke anzuschließen und einen Beitrag zum besseren Verständnis der antiken Kulturen zu leisten.