Eine andere Geschichte aus bekannten Elementen? - Zur Historiographie des Yuan Hong

 

China verfügt als Ergebnis einer fast zwei Jahrtausende umspannenden historiographischen Großanstrengung über die 24 Dynastiegeschichten. In ihnen werden uns zahllose Fakten, Anekdoten und Dokumente aus dem Zeitraum vom höchsten Altertum bis ins 17. JH überliefert und vor allem für die frühe Zeit sind sie die wichtigste Informationsquelle. In ihrem Aufbau folgen die einzelnen Werke dabei allesamt dem Annalen-Biographien-Stil. Diese scheinbar standardisierte Form des Erinnerns suggeriert eine gewisse Objektivität und auch Neutralität der enthaltenen Informationen und entsprechend gibt es bisher nur wenige Untersuchungen zu den Werken selbst. Mehr Einblicke in die Frage des Einflusses der jeweiligen Autoren auf die Werke - und damit letztlich über das Ausmaß ihrer tatsächlichen Objektivität - könnten uns Paralleltexte liefern. Diese gingen jedoch leider in fast allen Fällen verloren.
Eine der wenigen Ausnahmen hierfür ist Yuan Hong (328-376) mit seinen Annalen der Späteren Han. Der Literat aus der Östlichen Jin Dynastie (317-419) liefert darin eine annalistische Darstellung der Zeit der Späteren Han (23/25-220) und berichtet damit in anderem Stil über den selben Zeitraum, wie es die offiziellen Dokumente der Späteren Han tun. Interessanterweise stützt er sich dabei auf die gleichen Quellen und die Übernahmen geschehen weitestgehend wörtlich. Beide Werke sind uns vollständige erhalten und durch den Vergleich können Erkenntnisse über die Vorgehensweise der Autoren und ihren Umgang mit Quellen gewonnen werden.
Das Ziel meines Promotionsvorhabens ist zum einen die vollständige Bearbeitung des Autors Yuan Hong und seiner Annalen zur Späteren Han. Zum anderen sollen durch den Vergleich der Paralleltexte auch Erkenntnisse über die Arbeitsweise chinesischer Historiker gewonnen werden.