Münchner Zentrum für antike Welten
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Spätantike und Byzantinistische Kunstgeschichte

Erzählweisen frühchristlicher Bilder: Genese und Entwicklung der Martyriumsdarstellung im Wechselspiel von Bild und Text

Förderungszeitraum: Januar 2014 - März 2017
 
Das frühe Christentum als Religion des Buches ist eine narrativ geprägte Religion. Seit der Wende vom vierten zum fünftem Jahrhundert finden sich erste bildliche Darstellungen von Märtyrern (z. B. SS. Giovanni e Paolo, Malerei der confessio, Rom vor 410) im Moment ihres Todes. Die Menge der Szenen des Märtyrertodes bleibt aber in der Spätantike durchaus überschaubar. Die Märtyrerliteratur – passiones, actae und vitae – schildert seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts (Martyrium Polycarpi 154/155) Leben und Sterben derselben ungleich detailreicher. Sie enthält gerade im vierten und fünften Jahrhundert stark narrative Elemente und wurde daher auch mit einem „geistlichen Theater“ verglichen . Ausgehend von diesen Unterschieden der narrativen Qualität in den literarischen und den bildlichen Martyriumsdarstellungen will das Forschungsvorhaben zentrale Fragen zu den Erzählstrategien frühchristlicher Bildwerke entwickeln und beantworten:

  • Wie häufig sind Darstellungen des Martyriums überhaupt, ab wann nehmen sie zu?
  • Lässt sich eine Zunahme an Pathos beobachten und wenn ja, wie lässt sie sich erklären?
  • Ist für das Bildverständnis eine Kenntnis der Märtyrerliteratur notwendig?
  • Worin und weshalb weichen die Bilder vom literarischen Narrativ ab?
  • Besteht ein Zusammenhang zwischen Bildträger (Wandmalerei, Reliquiar, Pilgerandenken, etc.) und / oder Bildkontext (Kirchenraum, (Märtyrer-)Grab etc.) und der gewählten Darstellungsweise des Martyriums?
  • Wie verhält sich das Martyriumsbild zur bis ins fünfte Jahrhundert unüblichen Darstellung des Kreuzestodes Jesu als Urfassung des christlichen Martyriums?

Der Vergleich zum literarischen Narrativ soll das Potenzial bzw. die Defizienzen des Mediums Bild aufzeigen. In den frühen Märtyrerakten zeichnet sich eine klare „Umcodierung“ antiker Ideale und Wertevorstellungen ab, die entscheidend zur Ausformulierung einer christlichen Identität beitrug . Dabei ist es der Märtyrerliteratur möglich, das Leiden des Heiligen indirekt ohne konkrete Beschreibung seines Körpers, nur durch die Schilderung der Publikumsreaktion zu veranschaulichen . Im Bild steht diese Option der mehrfachen Perspektivierung nicht zur Verfügung. Es mussten alternative, visuelle Strategien bis hin zum Entstehen narrativer Zyklen entwickelt werden, die im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes aufgezeigt werden sollen. Um Entwicklungsstränge besser nachvollziehen zu können, soll ein zeitlicher Bogen von der Spätantike bis in das frühe Mittelalter gespannt werden. Ausgehend von stadtrömischen Beispielen sollen aber auch solche der byzantinischen Tradition Berücksichtigung finden, um so aus einzelnen Fallstudien ein diachrones und regional differenzierendes Gesamtbild herausarbeiten zu können.