Münchner Zentrum für antike Welten
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Organisation of Exchange

'Austausch', d.h. ein Transfer von materiellen oder immateriellen Gütern zwischen zwei oder mehr Partnern auf der Basis einer Wechselseitigkeit, gehört zu den grundlegenden Merkmalen (und Voraussetzungen) antiker Kulturen. Er kann sich auf verschiedenen Ebenen vollziehen, als Austausch von i) Waren, ii) Techniken, iii) Ideen, wobei sich teilweise Verschränkungen ergeben, d.h. im Warenaustausch auch mindestens ein Transfer von Techniken und/oder Ideen enthalten sein kann, der nicht primär intendiert ist. Austausch setzt bei den beteiligten Partnern sowohl Überschuss (im Bereich des zum Tausch gegebenen Gutes) wie Bedürftigkeit (im Bereich des durch den Tausch enthaltenen Gutes) voraus. Dementsprechend besteht ein dreifacher Regelungsbedarf, da Abgabe, Transfer und Aufnahme eines Gutes organisiert werden müssen.

Bei der Organisation ist zwischen intra- und interkulturellen Austauschvorgängen zu unterscheiden. Im ersten Fall ist für antike Kulturen eine Vielzahl religiöser, kultischer und juristischer Verfahrensweisen kennzeichnend, die Schutzräume (etwa als Teil eines religiös gegründeten Gastrechts) und Sicherheit von Ansprüchen konstituieren. Diese zu untersuchen ist eine lohnende Aufgabe. Hierbei bietet sich etwa im Bereich der Archäologien der Bereich der sog. Objekt- und Architekturbiographien an, in dem über die mit dem Begriff des "Gabentauschs" verbundenen Ansätze hinaus Formen eines 'vertikalen', zwischen Generationen und Epochen stattfindenden, Austauschs zu untersuchen sind: Kennzeichnend könnte hier eine 'Auratisierung', die Aufladung eines Objekts mit Bedeutung sein, die ihm in seiner Funktion als Beigabe in einem Grab oder als Spolie in einem Bauwerk zuwächst. Herausgearbeitet werden kann diese Dimension der Bedeutung in besonderer Weise, wenn die Perspektive der Analyse von den Nutznießern, den Personen, auf das Objekt selbst verschoben wird und eine Beschreibung der sich wandelnden Wahrnehmung dieses Objekts je nach umgebender Kultur erfolgt.

Von besonderer Bedeutung für die gesamte School sind Untersuchungen interkultureller Austauschvorgänge, da sich über diese eine direkte Verbindung zwischen den Kulturen des Mittelmeerraums, Indiens und Chinas ergibt. Prägnant formuliert, ist die Seidenstraße "die" Trasse, auf der zwischen Westen und Osten ein Austausch stattfindet, nicht nur von Waren, sondern eben auch von Technologien, Religionen und Ideen.

Hieraus ergibt sich eine doppelte Perspektive, einerseits für konkrete Forschungsthemen, die sich mit den Austauschprozessen zwischen Ost und West befassen: Als besonders untersuchenswert erscheinen dabei Phänomene der Asymmetrie im Austauschprozess, wie etwa die Rezeption griechischer Formen in der sog. Gandhara-Kunst, die ein Problem indiziert. Denn zwar ist die Ausbreitung des Buddhismus von Gandhara nach Zentralasien und China – entlang der Seidenstrasse – ein gut erforschter Vorgang. Doch die merkwürdige Nicht-Ausbreitung des Buddhismus nach Westen bedarf einer Erklärung, zumal zu erwarten gewesen wäre, dass etwa das Bildprogramm der Gandhara-Kunst mit seinem Rückgriff auf ein bekanntes Formeninventar ganz ähnlich wie die frühchristliche Kunst ein geeignetes Medium für die Vermittlung von neuen Ideen im Westen hätte bieten können. Die Fokussierung auf den Austausch bringt hier also überraschende Disproportionalitäten zum Vorschein.

Die zweite Perspektive, die sich mit der Erforschung intrakultureller Austauschprozesse verbindet, liegt in der Möglichkeit, die für die School zentralen komparatistischen Verfahren an einem Material zu überprüfen, in dem die Kulturen selbst in Verbindung treten und teilweise explizit vor der Notwendigkeit wechselseitigen (Fremd-)Verstehens stehen. Die Analysen der jeweiligen intrakulturellen Diskurse und Hermeneutiken des Fremden können zu einer Überprüfung, Verfeinerung und Weiterentwicklung in den komparatistischen Methoden in der School beitragen.

(English version)